Flucht vor Schrecken und Gewalt
“Als wir die Gewehrschüsse hörten, rannten wir los. Ich weiß nicht, was mit meinen Eltern und meinen neun Geschwistern passiert ist”, sagt die 12-jährige Blessing, Flüchtlingskind aus dem Südsudan.
Auf ihrer Flucht sah das Mädchen zahllose Leichen auf der Straße liegen und eine Menge Blut. Sie hat kaum gegessen. Das Wenige, das sie zu sich genommen hat, teilten andere Flüchtlinge mit ihr. “Wir liefen einfach immerzu. Wir hielten kaum an, um uns auszuruhen. Wir wollten nach Uganda so schnell wir konnten”, erzählt sie.
Ich träume davon, meine Eltern und mein Land wiederzusehen.
Blessing lebt jetzt mit ihrer Tante seit mehr als einem Jahr in Bidibidi, Ugandas größter Flüchtlingssiedlung. ”Ich vermisse meine Eltern, meine Brüder und Schwestern. Ich vermisse unsere Ziegen und den Garten. Ich vermisse alles, was ich in meinem Land Südsudan zurückgelassen habe.” In Bidibidi ist Blessing Mitglied im World Vision Friedensklub geworden. Hier können die Kinder Hilfe finden und über Erlebtes sprechen. Durch Spiele, Lieder, Gedichte und kreative Angebote lernen die Flüchtlingskinder, wie wichtig ein respektvolles Miteinander ist, wie sie Konflikte gewaltfrei lösen und zu einer friedlichen Gemeinschaft beitragen können.
Auch Flüchtlingskind Majid ist erst 12 Jahre und vor dem Konflikt im Südsudan geflohen. Sieht man sein strahlendes Lächeln, kann man kaum glauben, dass er noch vor kurzem auf der Flucht war. Als er in einem Aufnahmelager im Norden Ugandas ankam, wurde er mit einer warmen Mahlzeit begrüßt und fand in einem World Vision Kinderschutz-Zelt einen Platz zum Spielen. Hier finden die Kinder Hilfe und können auch malen. Oft sind auf den Bildern Gewehre, Blut und andere Erinnerungen an den Konflikt – die Kinder müssen die schreckliche Gewalt, die sie erlebt haben, verarbeiten.
Die 17-jährige Phionah war allein auf der Flucht. Scovia, 19 Jahre, fand sie am Straßenrand sitzend auf ihrem Weg Richtung Uganda. Phionah hatte tagelang nichts gegessen. Scovia teilte mit ihr ihren kleinen Vorrat an Proviant. Das war der Anfang einer Freundschaft, in deren Verlauf sie viele Kilometer miteinander unterwegs waren, um zur Grenze von Uganda zu kommen und sich als Flüchtlinge registrieren zu lassen. Heute sind sie auch Familie: Scovia stimmte offiziell zu, die minderjährige Freundin in Pflege zu nehmen und sich um sie zu kümmern. World Vision hilft den Kindern vor Ort und hat bereits für tausende unbegeleitete Minderjährige Pflegefamilien gefunden und stellt sicher, dass die Kinder in Sicherheit sind und die nötige Zuwendung erfahren.
Die Flüchtlinge, mit denen World Vision vor Ort spricht, erzählen, dass das Leben in Uganda ihr letzter Ausweg ist: In ihrer Heimat bleiben, wo geschossen wird und Häuser von bewaffneten Gruppen angezündet werden, konnten sie nicht. Vier Millionen Menschen im Südsudan flohen in den vergangenen Jahren vor Gewalt und Hunger. Eine Million Menschen allein nach Uganda. 60 Prozent davon sind Kinder.
Sie haben schreckliche Gewalt erlebt und liefen um ihr Leben. Viele wurden in dem schnellen Aufbruch von ihren Familien getrennt. Die Kinder wollen wieder mit ihren Familien zusammen sein, in die Schule gehen und in einem Land in Frieden leben. Doch bislang scheint kein Ende der Gewalt in Sicht zu sein.
World Vision hilft den Flüchtlingen im Südsudan und in den Nachbarländern Uganda, Kenia und Äthiopien mit Lebensmitteln, sauberem Wasser, Hygieneartikeln, Kinderschutzprogrammen und Bildungsmaßnahmen.