Junge Flüchtlinge lernen Frieden
Das Geschrei ist groß. Immer mehr Jugendliche drängen sich um zwei Streithähne, versuchen vermittelnd einzugreifen und die beiden jungen Männer zu trennen. Nach einigem Hin und Her stehen sich die Kontrahenten wie zwei Boxer im Ring gegenüber, jeder in seiner Ecke, umringt von Mitgliedern seines Teams. Doch Ziel dieser Übung ist nicht, den Kampf zu gewinnen. Sondern zu verlieren.
„Es geht darum, unseren Stolz zu überwinden, unser Verhalten grundsätzlich zu ändern. Wenn man so will, bereit zu werden, nicht „gewinnen“ zu müssen in einem Streit. Sondern zu einem friedlichen Ergebnis zu kommen. Mit dem alle leben können.“ Nyandeng ist 15 Jahre alt und Chefin. Sie führt den Peace Club in der Flüchtlingssiedlung Bidibidi in Uganda an. Eine Gruppe von 30 jungen Menschen, je zu einem Drittel aus unterschiedlichen Ethnien aus Südsudan stammend (Pojulu, Bari, Kakwa). Hier lernen sie gemeinsam den Frieden. Nyandeng sagt: „Wir sind von unterschiedlicher Herkunft, aber hier verstehen wir uns alle als Opfer des Krieges, als Menschen eines Volkes.“
Bis dieses Verständnis sich entwickelt hat, brauchte es Zeit und den Peace Club. Hier lernen die jungen Flüchtlinge, Konflikte gewaltfrei zu lösen, sich im Frieden zu einigen. Sie spielen Theater, debattieren, entwickeln Strategien, wie sie auch in ihrer Nachbarschaft Streit schlichten können. Unterstützt werden sie dabei von World Vision-Mitarbeitern, die in diesem Bereich der Gewaltprävention ausgebildet wurden.
Typische Konflikte sind in der von 300.000 Flüchtlingen bewohnten Siedlung häufig Streit um Lärm, um das zugewiesene Feld zum Anbau von Gemüse oder um Belästigungen junger Mädchen durch aufdringliche Jungs. Nyandeng erzählt: „Früher, also noch vor einem halben Jahr, endete so etwas schnell in Schlägereien. Heute rufen uns die Streitenden sogar, damit wir vermitteln. Wir versuchen dann, dass alle Beteiligten zu Wort kommen und sie selber Lösungen vorschlagen. Und das funktioniert!“
Seit Dezember 2016 trifft sich der Club. World Vision hatte bereits in anderen Konfliktregionen gute Erfahrungen mit Peace Clubs gemacht, unter anderem im Kosovo, Kenia und in Burundi. Häufig liegt der Schwerpunkt auf gemeinsam organisierten Sportveranstaltungen, aber auch auf Theater, bildende Kunst und Gesprächsrunden. Frieden kann man lernen.