Geflüchtete Rohingya in Bangladesch: Angst vor dem Monsun
Es ist 10 Uhr am Morgen, die Sonne brennt, Staubwolken ziehen zwischen Hütten aus Plastikfolien und dürren Ästen. Sharifa schwitzt in der Hitze, doch unablässig zieht sie an der Handpumpe, mit der sie frisches Wasser aus dem Boden pumpt. „Wir brauchen das Wasser zum Kochen und Trinken“, agt die 12jährige. „Aber auch als kalte Dusche zwischendurch. Dann bleibt zumindest der Kopf kühl“, lacht sie und füllt einen weiteren Eimer.
Hier im Lager Kutupalong im Distrikt Cox`s Bazar leben über 800.000 Menschen. Über die Hälfte davon sind Frauen und Kinder unter 18 Jahren. Sie sind geflüchtet vor der Gewalt in ihrer Heimat Myanmar. Die meisten von ihnen leben hier seit August 2017, als die Flüchtlingswelle ihren Höhepunkt erreichte. Die Unterkünfte wurden eiligst errichtet. Bäume gefällt, ein paar Latrinen errichtet. Bangladesch hatte die Grenzen für die verfolgten Muslime aus dem Nachbarland geöffnet, aber bleiben sollten sie längerfristig nicht. Aus den provisorischen Lagern, sollten deshalb auch keine festeren Ansiedlungen werden. Doch die Situation hat sich nicht wesentlich geändert, noch immer haben die Rohingya Angst, nach Myanmar zurück zu kehren. Sie fordern gleiche Rechte und Entschädigungen für ihren zerstörten Besitz. Solange es dafür keine Garantien gibt, werden sie in Cox`s Bazar bleiben.
Wir haben Angst, was passiert, wenn die Regensaison beginnt und mit dem Regen die Zyklone kommen.
Sharifa lebt mit ihren zwei Geschwistern und ihrer Mutter in einer der Plastikfolienhütten. Ihr Vater ist bei den Unruhen ums Leben gekommen. In Cox`s Bazar fühlen sie sich sicher, aber: „Wir haben Angst, was passiert, wenn die Regensaison beginnt und mit dem Regen die Zyklone kommen.“ Denn ihre, wie auch zehntausende andere Hütten, wird den Wassermassen und den Stürmen nicht standhalten. Einhunderttausend der meist gefährdeten Flüchtlinge müssten umgesiedelt und ein neues, festeres Lager gebaut werden, forderte World Vision bereits im Januar.
Die Regierung zeigte sich erst jetzt, im April, offen für diesen Schritt. Doch der Regen kommt im Juni und der Bau einer Siedlung würde mindestens drei Monate dauern. World Vision und andere Hilfsorganisationen verteilen deshalb Werkzeuge und Baumaterial, damit die Flüchtlinge ihre Unterkünfte zumindest etwas stabiler machen können. Zusätzlich hat World Vision zusammen mit den Flüchtlingen Latrinen, Drainagen und mit Sandsäcken befestigte Treppen gebaut. Sicher ist das Lager so noch nicht. „Aber das ist besser als nichts“, sagt Sharifa und geht zum Sammelplatz für Bauholz. „Ohne die Hilfe wären wir noch schutzloser. Vielleicht wird der Regen ja auch nicht so schlimm.“