Reise in den Senegal: "Ich wurde demütiger"
Katrin Schlegel ist Schulkoordinatorin bei World Vision. Im April konnte sie unsere Jugendbotschafter bei einer Reise in den Senegal begleiten. Hier gibt sie ihre Eindrücke von der Reise wieder.
Das erste was uns im Senegal begrüßte war die schier unerträgliche Hitze. Zu dieser Jahreszeit neigt sich die Trockenzeit langsam dem Ende zu. Seit November fiel kein Tropfen Regen mehr und auch der Klimawandel wirkt sich, laut unsere Kollegen vor Ort, bereits spürbar auf die Projektarbeit und das Leben im Allgemeinen aus. Man spürt es auch als Besucher, die Erde zerfällt zu Staub. Überall kann man nur noch von Sand sprechen, auch im Landesinneren, wo wir waren.
Der Besuch in Neteboulou
Das Projektgebiet, Neteboulou, ist noch ganz neu in den Händen von World Vision Deutschland und es muss sich noch viel ändern. 1000 Kinder suchen nun einen Paten, der sie unterstützt und die erhofften Veränderungen mit unterstützen kann. Vor Ort haben wir uns auch lange mit dem Bürgermeister unterhalten. Weil die Zusammenarbeit mit ihm sehr eng ist, hat World Vision ein Büro direkt neben dem des Ortsbürgermeisters. Auf die Art können beide Seiten sicherstellen, dass es einen ständigen Austausch gibt über die Projektfortschritte und Probleme direkt angesprochen werden können. Auf unserer Reise haben wir eine Vorschule und eine Grundschule besucht, die Kinder und wir waren begeistert uns endlich kennenzulernen. Für die Zeit unseres Besuches war nur schwer Ruhe in die Kindermenge zu bringen, sie waren regelrecht aus dem Häuschen. Die Grundschule wurde bereits 1933 gebaut und wird von unseren Patenkindern sehr gerne besucht. Derzeit unterrichten 12 Lehrer (zwei Frauen, zehn Männer) und ein Schulleiter etwa 530 Kinder. Ich habe mich mit einem Lehrer unterhalten, der alleine eine 1.Klasse von 87 Schülern unterrichtet. Einer der Räume auf dem Schulgelände wird von dem örtlichen Kids Klub genutzt. Er hat circa 40 Mitglieder und wurde bereits in die Hauptstadt Dakar eingeladen, um ihre Sorgen und Nöte bei Regierungsvertretern vorzutragen. Insbesondere die Abschaffung der Kinderehe liegen den Mitgliedern, seit der Gründung des Klubs, besonders am Herzen. Leider ist es immer noch eine gängige Praxis, aber die Kinder wissen nun um ihre Rechte und möchten gegen die Kinderehe vorgehen. Das haben sie im Gespräch mit uns immer wieder betont. Aktuell wird ein Gesetz zum Stopp von Frühverheiratung auf den Weg gebracht, der Kids Club war also erfolgreich.
Wünsche und Hoffnungen
Ein Moment hat sich jedoch in mein Gedächtnis gebrannt. An einer Wasserpumpe im Ort traf ich eine noch sehr junge Mutter mit ihrem typischen Gewand bei 43 Grad Hitze und ihrem höchstens 3-Wochen alten Baby. Sie hatte es auf ihren Rücken gebunden und pumpte Wasser in eine Schüssel. Ich konnte dieses kleine winzige Baby erkennen, dessen Köpfchen nur ein wenig aus dem Tuch rausguckte und am liebsten hätte ich ihr die schwere Schüssel abgenommen und persönlich bis in ihre Hütte getragen. Das war ein Moment voller Demut, denn ich konnte mich bei dieser unfassbaren Hitze kaum selbst auf den Beinen halten.
Ich habe das Durchhaltevermögen, die Geduld und die Kraft dieser Menschen sehr bewundert. Es muss aber noch viel passieren in Neteboulou. Die Menschen warten darauf, dass sie ans nationale Stromnetz angeschlossen werden, denn in Neteboulou gibt es keine Stromversorgung, keine einzige Steckdose in irgendeinem Klassenraum. Keine Gesundheitsstation, nicht mal eine mobile Ambulanz. Und auch der Kinderklub hat seine Wünsche geäußert. Auch sie hoffen auf eine mobile Ambulanz, Computer für die Schule, dass jedes Kind eine Geburtsurkunde besitzt und kein minderjähriges Mädchen mehr frühverheiratet werden muss.
Das Prinzip Small Business
Ein anderer Stopp auf unserer Reise waren die "Small Business" in Neteboulou. Das Prinzip von Small Business ist in Neteboulou ganz simpel. Die nächst größere Stadt ist die Kreishauptstadt Tambacounda. Mit dem Auto braucht man allein 30 Minuten auf nicht durchgängig befestigter Straße, deswegen werden die Waren, die es in Neteboulou nicht gibt, dort eingekauft und in Neteboulou wieder verkauft. Das erspart den Bewohnern den sehr langwierigen und mühsamen Weg nach Tambacounda und sie haben im Dorf einen eigenen Shop, der das anbietet, was man für das alltägliche Leben braucht. Erste Schritte nur, aber so beginnt ja jeder Weg.