Afrika: Minister Müller steht im Wald
Chief Chilu schwingt locker die scharfe Machete in seiner Hand und freut sich. Auf den hohen Besuch, der gleich ein gelungenes Projekt der Waldgenossenschaft in Nkhoma besuchen wird und dem er zeigen möchte, wie man Bäume so beschneidet, dass sie gut wachsen. „Ein Minister der nach Afrika kommt, um zu lernen. Das ist, glaube ich, noch nicht oft vorgekommen.“
Der Minister ist Gerd Müller, zuständig für Entwicklungszusammenarbeit im Kabinett Merkel. Und der Wald, den er besuchen wird, den hat es vor vier Jahren noch gar nicht gegeben. 2014 hatte Chief Chilu schon einmal Besuch von einem mittlerweile prominenten Menschen. Damals war Tony Rinaudo in das World-Vision-Projektgebiet gekommen und hatte mit den Bauern in der Gegend ein Konzept zur Wiederaufforstung nach seiner FMNR-Methode erarbeitet. Für diese Methode hat Rinaudo in 2018 den alternativen Nobelpreis bekommen. Dabei setzen die Bauern auf unterirdisches Wurzelwerk von gerodeten Bäumen, um diese durch gezielte Schutz- und Beschneidungsmaßnahmen wieder zum Wachsen zu bringen. „Bevor wir das gemacht haben, war dieser kleine Berg hier nur Brachland. Wenn es regnete, stürzten die Fluten auf unsere Felder, rissen Erde und Ernten mit sich“, erklärt Chilu. „Jetzt ist es sicherer. Und wir können den Wald nutzen. Als Brennholzlager und für medizinische Zwecke.“
Da biegt ein Tross von zehn Autos um die Kurve. Die Frauen der Genossenschaft stimmen ein Willkommenslied an, Chief Chilu geht zum Wagen des Ministers und grüßt ihn freundlich. Müller ziert sich nicht lange, fragt nach Erfahrungen und Herausforderungen bei der Waldbewirtschaftung. Dann nimmt ihn Chilu an die Hand und in den Wald hinein. Der Chief und der Minister gehen zu einem Baum, der noch beschnitten werden muss. Chilu erklärt: „Hier sind viele schwache Seitentriebe. Die verzögern das Wachstum und müssen weg.“ Chilu hackt mit der Machete auf die dürren Äste ein. Dann stoppt er und fragt Gerd Müller: „Auch mal?“ Der zögert nicht, packt die Machete am zerflederten Plastikgriff und wenige Schläge später liegen die überflüssigen Äste auf dem Waldboden.
„Aber ihr könnt ja nicht vom Wald allein leben“, sagt Müller zu Chief Chilu. „Nützt euch FMNR denn auch bei der Feldarbeit?“ Tut es. Einige hundert Meter entfernt vom Wald betreiben Chimango und Teresa Ackerbau nach FMNR. „Wir lassen mitten auf den Feldern Bäume wachsen, so, dass das ganze Feld Schatten hat. Außerdem sorgen die Bäume dafür, dass mehr Feuchtigkeit da ist und mit den Blättern und Früchten düngen die Bäume die Erde“, erklärt Chimango Minister Müller. „So konnten wir die Ernte um die Hälfte steigern.“
Davon profitiert die ganze Familie. Die Kinder können zur Schule gehen, die Eltern Vorräte anlegen für schlechtere Zeiten. Gerd Müller ist beeindruckt. Zum Abschluss seines Besuches zeigt er sich überzeugt: „FMNR ist eine innovative und effektive Methode. Deutschland wird dieses Vorhaben unterstützen.“