Von Cecil Laguardia, Senior Manager, Advocacy and Communications, und Benard Nyataya, Koordinator für Nahrungsmittelhilfe bei World Vision Südsudan
„Etwa drei Stunden müssen wir mit dem Hubschrauber fliegen, bevor wir die Menschen erreichen, die in unserem Einsatzgebiet am weitesten von unserer Basis entfernt leben. Manche Regionen sind sehr schwer zu erreichen. Es gibt kein Mobilfunknetz, nur schlammige Wege, keine Märkte und keine medizinischen Einrichtungen.“
Benard Nyataya erzählt von einem typischen Einsatz der letzten Monate. Er ist ein Notfallhelfer, der Lebensmittel an die gefährlichsten Orte im Südsudan liefert – an Orte, die die meisten Menschen nicht zu betreten wagen.
Das Team der sogenannten „Rapid Responder“ von World Vision unterstützt in Kooperation mit dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen aktuell fast 200.000 Binnenflüchtlinge, davon mehr als 35.000 Kinder. Viele dieser Menschen mussten ihre Dörfer verlassen, da es nichts mehr zu essen gab. Sie leben nun zerstreut in 19 verschiedenen und schwer zugänglichen Orten. Für den Transport von Nahrungsmitteln werden je nach Wegen zum Zielgebiet Flugzeuge, Hubschrauber, Lastwagen oder Wasserfahrzeuge benutzt. Die Einsätze der Hilfsteams dauern in der Regel zwei bis drei Wochen. In dieser Zeit kampieren sie meist in Zelten oder Behelfsunterkünften, oft auch allein im Busch.
28 World Vision Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören insgesamt zur schnellen Einsatzgruppe, jedes Team besteht aus sieben Personen. Innerhalb von 72 Stunden müssen sie reisebereit sein. Sie müssen durchtrainiert sein, mit den gefährlichsten Situationen fertig werden können und brauchen Nerven wie James Bond.
Immer wachsam und schnell sein – in der Luft, im Wasser, an Land
Die zwei wichtigsten Anforderungen zusätzlich zur ständigen Einsatzbereitschaft beschreibt Benard so: „Unsere Leute müssen in der Lage sein, sich auf die unterschiedlichsten Bedingungen einzustellen, und sie müssen sich auch selbst aus Gefahrensituationen retten können.“ Als ihr Leiter muss Benard immer darauf achten, dass sie gesund bleiben und die Risiken eines Einsatzes gut bedacht werden.
Jede Art des Hilfstransports habe ihre eigenen Vorteile und Herausforderungen, erklärt er. „Bei Abwürfen aus der Luft müssen die Säcke mit Hilfsgütern exakt an den Orten abgeworfen werden, wo sich die Bedürftigen aufhalten. Das erfordert ein hohes Maß an Wachsamkeit und Vertrauen bei allen Akteuren. Zu Verteilpunkten an Flussstandorten muss das Team oft stundenlang mit dem Boot fahren und dort so schnell wie möglich alles verteilen.“ In der Regenzeit müssten die Helferinnen und Helfer besondere Schwierigkeiten meistern, „weil viele Gebiete dann überschwemmt sind und es keinen sicheren Ort zum Abladen der Hilfsgüter gibt.“ Dann werden behelfsmäßige Ablagestellen, zum Beispiel aus Seerosen und Plastikplanen, gebaut. Beim Waten durch das Wasser heißt es wieder wachsam sein: Im Fluss leben Krokodile.
Wilde Tiere und Diebe als nächtliche Besucher
Nach der Arbeit ist man abends im Zelt auch nicht immer unter sich, wie Benard weiter berichtet. „Infolge der jüngsten Dürre haben die Fälle zugenommen, in denen wilde Tiere auf der Jagd nach Vieh in das Lager des Teams eindrangen. Obwohl ein lokaler Wachmann zum Schutz und zur Unterstützung des Teams eingestellt wurde, bieten die Zelte keinen starken Schutz, der einen direkten Angriff wilder Tiere abwehren könnte.“ So müssen die Helferinnen und Helfer immer mit dem Eindringen von Schlangen, Hyänen, Skorpionen und sogar umherstreifenden Löwen rechnen. Und Tiere sind nicht die einzige nächtliche Bedrohung, auch Diebe können in die Zelte eindringen.
Unsere Leute müssen sich auf die unterschiedlichsten Bedingungen einstellen und sich auch selbst aus Gefahrensituationen retten können.
Trotz aller Risiken und Strapazen findet Benard seine Arbeit lohnend und erfüllend. „Ich bin stolz darauf, Teil eines Teams zu sein, das sich für die Ärmsten der Armen einsetzen kann. Kaum jemand kann sich vorstellen, unter welchen Bedingungen manche Menschen leben müssen.“
Er erinnert sich an eine von vielen Begegnungen, die ihm die Notwendigkeit seiner Einsätze, aber auch die Notwendigkeit weiterführender Ansätze der Hilfe zur Selbsthilfe vor Augen führte: „In Riang Boma im Bezirk Ulang ist es fast das ganze Jahr über ziemlich trocken. In der Gegend gibt es keine Bäume, und das Überleben hängt von kleinen Vertiefungen im Boden ab, die zeitweise Wasser enthalten. Als unser Team ankam, sangen und tanzten die Frauen. Eine Frau konnte sich nicht zurückhalten und brach in Tränen aus, als sie erzählte, dass sie keine Möglichkeit mehr hatte, ihre Kinder zu ernähren. Sie hatte ihren Mann im Krieg verloren. Sie sagte, sie habe Gras und andere Blätter für die Kinder gekocht. Sie sagte sogar, dass sie gelegentlich spätabends ein Feuer entfacht, um den Kindern den Eindruck zu vermitteln, dass etwas zubereitet wird. Dabei würden sie wartend einschlafen. Das war die einzige Möglichkeit, sie zum Schlafen zu bringen. Als sie ihre Lebensmittelration erhielt, die aus Hirse, Spalterbsen, Pflanzenöl und einigen Nahrungsergänzungsmitteln aus Mais-Soja-Gemisch bestand, kam sie zu uns, um sich zu bedanken und uns zu bitten, immer an sie zu denken.“