An immer mehr Orten in der Ukraine geraten Kinder durch entsetzliche Gewalt in Lebensgefahr. Fast in jeder Sekunde wird daher ein Mädchen oder Junge zum Flüchtling. Hilfe zum Überleben wird schon an vielen Stellen geleistet, und auch World Vision leistet im Süden und Westen des größten europäischen Landes einen Beitrag dazu. Wir müssen uns aber auch um die seelische Gesundheit und eine gesunde Entwicklung dieser Kinder kümmern, die der Krieg so plötzlich aus ihrer vertrauten Welt gerissen hat.
„Ihr Alltag muss so schnell wie möglich wieder eine Struktur bekommen und sie brauchen pädagogische oder auch psychologische Unterstützung, um das Erlebte zu verarbeiten“, sagt unsere Kinderschutz-Expertin Verena Bloch, die unsere Ukraine-Hilfe gerade von Rumänien aus unterstützt.
Wir wissen aus Erfahrung, dass jeder Krieg bei Kindern Schaden anrichtet. Das ist auch bei den Kindern der Fall, denen man es nicht gleich ansieht. Sirenengeheul und Bomben werfende Flugzeuge lösen Angst aus, genauso wie der Anblick von brennenden Häusern oder eine Fahrt ins Ungewisse. Vor allem den Jüngeren fällt es schwer zu verstehen, warum dies alles geschieht und sie sich von geliebten Menschen trennen sollen.
Die Kinderschutzzentren, die World Vision in der Region aufbaut, haben zum Ziel, den Kindern einen geschützten Raum für ihre Bedürfnisse zu bieten. Einen sicheren, kindgerechten Ort, wo Erlebtes verarbeitet und neues Vertrauen geschöpft werden kann.
Ein Kinderschutzzentrum ist ein Zufluchtsort, an dem Kinder spielen, lernen und ihre Sorgen und Ängste in einer sicheren Umgebung aussprechen können. Vor allem aber bietet es den Kindern in einer Zeit, in der sie besonders viel Stress erleben, einen Ort, an dem sie einfach nur Kind sein können und Zeit mit anderen Kindern verbringen können, die sich in der gleichen Situation befinden. Es geht dabei nicht nur um ein Spielangebot, sondern auch darum, dass die Kinder wieder Aspekte eines normalen Lebens erfahren. Das stabilisiert und stärkt sie.
Die Kinder brauchen auch bei kurzem Aufenthalt einen freundlichen Ort und Zuwendung
Die rumänische Psychologin Florentina Cretu arbeitet normalerweise in Kinderhilfsprogrammen von World Vision in der Stadt Iasi. In den letzten Wochen war sie aber auch viel am rumänisch-ukrainischen Grenzübergang in Siret im Einsatz. Dort legen täglich hunderte oder auch tausende Mütter, Kinder und alte Menschen nach den Strapazen der Flucht eine Rast ein und informieren sich in Zelten über die Möglichkeiten zur Weiterreise. Aber in diesen Zelten sah Florentina Cretu dass die Kinder nichts zu tun hatten. Deshalb stellte sie mit dem Helfer-Team ein beheiztes Zelt speziell für die Kinder auf. Sie sagt: „Selbst wenn die Kinder hier nur zwei, drei oder vier Stunden bleiben, brauchen sie einen freundlichen Ort und Zuwendung.“
Große Spende aus Deutschland ermöglicht Aufbau von 15 Kinderschutzzentren
Die Ausstattung für 15 Kinderschutzzentren wurde in Kisten aus unserem Nothilfelager in Rodgau bei Frankfurt nach Rumänien gebracht, wo World Vision bereits seit über 30 Jahren arbeitet und seit Kriegsbeginn Hilfe für geflüchtete Menschen aus der Ukraine leistet. Dem Unternehmen PM International, das bereits viele Projekte durch Patenschaften unterstützt, danken wir für die Finanzierung des Materials und des Hilfstransports.
Wo möglich, gliedern wir ein Kinderschutzzentrum an eine bestehende Einrichtung an, zum Beispiel eine Gemeinschaftsunterkunft für geflüchtete Familien. Das hat für Eltern und Kinder große Vorteile, weil das Angebot ganz in der Nähe ist und die vorhandenen Strukturen genutzt werden können. Im Notfall kann es auch in einem Zelt untergebracht werden. Wichtig ist, dass die Kinder zur Ruhe kommen, sich entspannen können und Möglichkeiten haben ihre Gefühle auszudrücken. Beim Malen, Basteln, Kneten oder auch bei einem Spiel oder mit Musik geschieht dies oft spontan und auf natürliche Weise, aber im Kinderschutzzentrum stehen auch Fachkräfte oder geschulte Betreuerinnen oder Betreuer für Gespräche zur Verfügung. Wenn sie bei einem Kind Anzeichen für ein Trauma oder andere Probleme sehen, können sie die Eltern auch dabei unterstützen passende Hilfe zu bekommen.
Einen Ersatz für die Schule oder eine Kita ist das Kinderschutzzentrum nicht, aber es kann den Kindern in einer Ankunfts-und Übergangsphase Struktur im Alltag geben und sie dadurch bereits stabilisieren. World Vision ist auch bestrebt, ihnen Kompetenzen zu vermitteln, die ihnen helfen, aktiv mit der schwierigen Situation umzugehen und sich vor Gefahren zu schützen.
An der Grenze zur Republik Moldau hat World Vision ebenfalls Spielorte für Kinder geschaffen, aber wir verlegen den Schwerpunkt der Hilfen jetzt in die größeren Städte des Landes, wo die Mehrheit der geflüchteten Menschen sich ansiedelt und voraussichtlich auch länger bleiben wird. Mit Partnern weiten wir unsere Unterstützung auch direkt in die Republik Moldau und in zugängliche Gebiete der Ukraine aus.