Wasser ist ein Menschenrecht
Aber heißt das tatsächlich, alle Menschen auf der Welt haben sauberes Wasser zur Verfügung? Die Antwort lautet: Nein. Über zwei Milliarden Menschen weltweit hatten 2022 keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser. In Afrika haben 74 Prozent der Menschen keinen Zugang zu sicheren Trinkwasserquellen. Noch immer sterben täglich mehr als 700-800 Kinder an Durchfallerkrankungen, die durch unsicheres Wasser, unsaubere sanitäre Anlagen und mangelnde Hygiene verursacht werden.
Alle 10 Sekunden verschafft World Vision einem Menschen Zugang zu Wasser.
Allein im Kongo konnten bis Jahresende 53 Wasserstellen saniert und 2 Bohrlöcher für Wasser gebaut werden.
3,1 Mio. Menschen haben mit unserer gemeinsamen Hilfe Zugang zu sauberem Trinkwasser erhalten.
Bénédicte ist Hebamme und freut sich über fließendes Wasser im Kreißsaal
Bénédicte ist Hebamme im Gesundheitszentrum. Dankbar erzählt sie vom neuen Wassersystem, welches vor Ort installiert wurde: „Vorher mussten Frauen tags und nachts in die Nachbarschaft wandern, um dort Wasser zu holen und auch um die verwendeten Utensilien nach der Entbindung zu waschen. Jetzt gibt es fließendes Wasser direkt im Kreißsaal und weiteren Behandlungsräumen.“ Dies macht nicht nur die Arbeit für das Personal und die Versorgung der Patienten sehr viel einfacher, sondern erleichtert auch die Umsetzung von grundlegenden hygienischen Maßnahmen, um Krankheiten und Infektionen zu vermeiden.
Sauberes Trinkwasser für alle: Projektbeispiele
Tschad
Mehr als 50 % der Einwohner haben kein sauberes Wasser, was zu schlechten Hygienebedingungen und Krankheiten führt. Für Landwirte ist es schwierig, ihre Felder zu bewässern und ihr Vieh zu tränken. Die nächste Wasserstelle ist im Durchschnitt 5 km entfernt und in vielen Dörfern werden Kinder, vor allem Mädchen, zum Wasserholen geschickt.
Das haben wir 2023 erreicht
- Beteiligung der Einheimischen beim Brunnenbau und in Wasser-Komitees zur Wartung
- Senkung der Infektionsrate der durch Wasser übertragbaren Krankheiten
- Ausbildung und Mobilisierung von 56 Moderatoren in mehreren Dörfern, die sich für Aktionen und die Vermittlung von Wissen im Bereich Gesundheit und Hygiene stark machen
- Aufklärung von 825 Menschen zu Hygiene sowie Verteilung von Hygienepaketen
- Durch den Bau eines Wasserturms haben 8.292 Dorfbewohner nun Zugang zu sauberem Wasser
Demokratische Republik Kongo
Der anhaltende Konflikt im Kongo und die humanitäre Krise führen dazu, dass Millionen von Menschen im eigenen Land auf der Flucht sind. Die Wahlen im Kongo Ende 2023 haben die Stabilität des Landes erneut stark ins Wanken gebracht. In dem Projektgebiet, in dem wir gemeinsam mit dem BMZ arbeiten, konnten die Arbeiten nichtsdestoweniger weitergeführt werden.
Das haben wir bereits erreicht
- 101 Dörfer sind im Rahmen des Programms für sanierte Dörfer zertifiziert
- 53 Wasserstellen sind saniert und 2 Bohrlöcher fertiggestellt
- 2.800 Haushalte wurden mit Gutscheinen für Saatgut und Werkzeuge, Bargeld für Nahrung und Farmschulen unterstützt
- 390 Personen nahmen an Spargruppen teil, um damit finanziell widerstandsfähiger zu werden und den Zusammenhalt in der Gemeinschaft zu fördern
- 137.580 Menschen profitierten von vielfältigen Maßnahmen im Projektgebiet
- Verhandlungen zwischen lokalen Partnern und Führungskräften, mit Bauernverbänden und Landbesitzern über den Zugang für Land für Binnenvertriebene wurden koordiniert und gefördert
- 390 Personen beteiligten sich an Spargruppen, die in den teilnehmenden Gemeinschaften Zusammenhalt und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit stärken
Ghana
Krankheiten breiten sich schneller aus, wenn das verwendete Wasser verunreinigt ist oder die Menschen keine Möglichkeit haben Hygieneroutinen umzusetzen. In diesem Projektbezirk in Ghana hatte ¼ der Bewohner keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser. Kinder konnten oft nicht zur Schule gehen weil sie mit durch Wasser übertragene Krankheiten zu kämpfen und die Mädchen während ihrer Menstruation in der Schule keine Möglichkeit hatten sich zu versorgen.
Das haben wir bereits erreicht
- 9.652 Menschen wurden mit Aufklärung zu tropischen Krankheiten erreicht
- 2 solarbetriebene Wassersysteme wurden installiert und damit 4.550 Menschen inklusive Kinder mit Zugang zu sicherem Trinkwasser versorgt
- In 2 Schulen und 2 Gesundheitseinrichtungen ist nun die Versorgung mit Trinkwasser sichergestellt
- 50 Haushalte, 10 Gesundheitsstationen und 10 Schulen mit Handwascheinrichtungen und Mülleimern ausgestattet
- In 10 Gemeinden sind Teams zum Wassermanagement trainiert worden
- 20 Wasserbehälter mit je 1.000 l Volumen wurden für 10 Schulen und 10 Gesundheitseinrichtungen bereitgestellt
- Schulungen zu Hygieneroutinen wurden durchgeführt
- 150 Gesundheitsmitarbeiter in wasserbedingten Krankheiten geschult und mit 1200 Aufklärungsmaterialien zur Aufklärung der Bevölkerung ausgestattet
- Anzahl der Menschen in 2 Dörfern, die Zugang zu Trinkwasser hat sich von 75% auf 100% erhöht.
- Es gibt einen deutlichen Rückgang an Krankheitsfällen, die durch Wasser übertragen werden
Interview mit Wasserexpertin Kerstin Koch
Kerstin Koch arbeitet seit 2012 bei World Vision Deutschland. Von zahlreichen Projektreisen weiß sie, dass Wassermangel in vielen Ländern ein großes Problem ist.
Was ist das größte Problem, wenn Menschen kein sauberes Wasser haben?
„Der Konsum von verschmutztem Wasser führt vor allem zu Durchfallerkrankungen wie Cholera, Ruhr, Typhus oder Polio. Diese Krankheiten verlaufen nicht selten tödlich. Mangelt es dem Körper aufgrund von Durchfall lange oder immer wieder an Nährstoffen, sind Unterernährung und andere bleibende Schäden, wie zum Beispiel verzögerte Entwicklung, die Folge. Durchfallerkrankungen sind neben Malaria die Hauptursache für die Kindersterblichkeit in der Welt."
Im Tschad hat nicht einmal jeder zweite Einwohner sauberes Wasser. Was also trinken die Menschen?
„Die Menschen sind gezwungen, Wasser aus nicht sicheren Quellen zu trinken. Für das Wasserholen sind in der Regel Frauen und Kinder zuständig. Viele müssen täglich mehrere Stunden Fußmarsch zu einer Wasserquelle zurücklegen – vorausgesetzt, es ist ein See, Fluss oder Tümpel in der Nähe."
Was tut World Vision, um die Wasserversorgung in Ländern wie dem Tschad zu verbessern?
„Das ist je nach Situation unterschiedlich. Wo nötig, bauen wir beispielsweise neue Brunnen. Manchmal reicht es aber schon aus, vorhandene Brunnen oder Pumpen wieder funktionstüchtig zu machen. Damit das dann so bleibt, gründet World Vision aus den Reihen der Bewohner sogenannte Wasser-Komitees. Wir schulen die Bewohner darin, wie sie die Brunnen und Pumpen regelmäßig warten und bei Bedarf reparieren. Eine Studie der Universität North Carolina belegt, dass 79 % der Handpumpen-Brunnen, die World Vision in Ghana gebaut hat, auch nach 20 Jahren noch funktionieren."
Können wir auch in Deutschland etwas tun, um den Wassermangel in armen Ländern zu bekämpfen?
„Ja. Wir können ein generelles Bewusstsein für den Wassermangel in der Welt und den Zusammenhang mit unserem Konsumverhalten schaffen. Jeder Einzelne von uns kann direkt Einfluss nehmen, indem er seinen sogenannten virtuellen Wasserverbrauch reduziert. Für die Herstellung eines T-Shirts werden beispielsweise rund 2.700 Liter Wasser benötigt, für ein 300g-Rindersteak etwa 5.000 Liter. Da viele Produkte, die wir direkt oder indirekt konsumieren, aus wasserarmen Regionen dieser Erde stammen, tragen wir dementsprechend eine Mitschuld daran, dass die Grundwasserspiegel sinken und Brunnen in vielen armen Ländern austrocknen. Man kann sich also überlegen, weniger (Rind-)Fleisch zu essen, sollte beim Kleiderkauf auf Qualität achten und seinen eigenen Konsum auf das Nötigste beschränken."