Patenschaft: „Ich bin heute sehr dankbar.“
Patin Sabine Janzen unterstützt seit Jahren World Vision. Sie hat gleich mehrere Patenschaften abgeschlossen und engagiert sich auch ehrenamtlich für die Organisation. Im Interview erzählt sie von ihrer Reise zu ihrem Patenkind in Äthiopien.
Sie sind seit vielen Jahren Patin bei World Vision. Was hat Sie damals dazu bewogen, eine Patenschaft zu übernehmen?
Sabine Janzen: Ich wollte etwas Gutes tun, aber nicht irgendwohin spenden, sondern ich wollte wissen, was mit meinem Spendengeld passiert und dann kam ich durch eine Freundin auf World Vision. Wenn man aber selbst zwei kleine Kinder hat, dann sind da viele Anschaffungen zu machen, außerdem haben wir das Haus umgebaut - da hieß es erst einmal sparen. Als dann aber ein paar Freundinnen von mir ein drittes Kind bekommen haben, habe ich mir gesagt: Wenn du jetzt schwanger werden würdest, dann würden wir trotzdem nicht verhungern und wir hätten auch noch alle ein Dach über dem Kopf. Das war der entscheidende Moment zu sagen: Es passt im Monat nie, das Geld wird doch immer irgendwo gebraucht, aber jetzt unterstütze ich lieber ein Kind, das im Leben sonst niemals eine reelle Chance hat. So bin ich 2006 dazu gekommen, eine Patenschaft bei World Vision zu übernehmen.
Inzwischen haben Sie ja mehrere Patenkinder...
Sabine Janzen: Ja, mein ältestes Patenkind, Habtamu, ist schon groß und das Projekt Gemza, in dem er lebt, wurde letztes Jahr von World Vision an die Menschen vor Ort übergeben. Im vergangenen Jahr habe ich zwei neue Patenschaften übernommen, zwei Mädchen, auch wieder in Äthiopien, im Projekt Lalo Assabi. Dieses Gebiet hatte ich auch schon besucht.
2013 sind Sie bei einer Patengruppenreise nach Äthiopien mitgefahren. Wie waren Ihre Erwartungen?
Sabine Janzen: Ich habe mein Patenkind aus der Ferne sieben Jahre auf seinem Lebensweg begleitet und es war einer meiner Lebensträume, es eines Tages persönlich kennenzulernen. Ich war wahnsinnig neugierig auf mein Patenkind, seine Familie und die Umstände, wie die Menschen dort leben. Zuerst habe ich mir damals gedacht: So eine Reise kostet ja auch viel Geld. Wenn ich dieses Geld spenden würde, wäre vielen sehr armen Familien. Eine Mitarbeiterin von World Vision hat mir diese Reise aber sehr empfohlen, weil sie mein Leben komplett verändern würde. Damit hatte sie vollkommen recht: Die Patenreise war mit eines der besten Dinge, die ich je in meinem Leben gemacht habe.
In welcher Hinsicht?
Sabine Janzen: Wenn man jahrelang ein Patenkind unterstützt, reist dann nach sieben Jahren da hin und wird dort von einem strahlenden jungen Mann begrüßt - das sind Glücksmomente, die vergisst man sein ganzes Leben nicht. In Deutschland dachte ich, Habtamu und seiner Familie geht es mit meiner Hilfe etwas besser. Wie weitreichend die Hilfe durch meine Patenschaft für die ganze Region ist, habe ich verstanden, als ich vor Ort war. Wenn in einem Land absolute Dürre herrscht und man kommt in ein Gebiet, in dem alle Felder ganz grün sind, weil durch World Vision Brunnen gebaut wurden, dann erkennt man erst wie viele Menschen durch eine Patenschaft profitieren. Man wird sehr demütig, weil einem bewusst wird, unter welch schwierigen Bedingungen die Menschen dort Tag für Tag leben müssen. Auch wenn sie selbst nur sehr wenig haben, sie würden noch das letzte Fladenbrot mit einem teilen. Die freundliche, herzliche und offene Art dieser Menschen hat mich sehr berührt. World Vision leistet mithilfe der Patenschaften eine wundervolle Arbeit, armen Menschen dort sehr nachhaltig eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Gibt es ein Erlebnis, von dem Sie sagen, das war ein Schlüsselerlebnis?
Sabine Janzen: Ich habe ein paar Momente, die ich niemals vergessen werde. In Gemza hatten wir ein Mittagessen im World Vision Gebäude gemeinsam mit unseren Patenkindern und ihren Angehörigen. Ich wusste vorher nicht, dass die Hütte von Habtamu gerade neben diesem Gebäude lag. Seine Eltern wollten unbedingt, dass ich mir ihre Hütte anschaue und das konnte ich dann auch zusammen mit einem Dolmetscher. Hinter der Hütte hat Habtamu mir gezeigt, dass er an die Hütte außen einen kleinen Raum angebaut hat. Dort hatte er nun eine Matratze und ein Moskitonetz – sein ganzer Stolz. Er musste nicht mehr in der Hütte mit seinen Eltern und ihren Kühen schlafen. Ein Blechdach, zwei Kühe, eine Matratze und ein Moskitonetz gelten dort als Luxusgüter - ich war sprach- und fassungslos. Für äthiopische Verhältnisse geht es ihnen dadurch wundervoll! Der ganze Besuch war unglaublich emotional: Der Vater hat vor lauter Rührung fast die ganze Zeit geweint. Er hat gesagt, er könne es nicht glauben, dass ich rund 6.000 km nach Äthiopien gekommen bin, um sie in ihrer Hütte zu besuchen und dass es ohne mich diese Hütte nicht gäbe. Da kamen mir die Tränen und ich werde das Leuchten in ihren Augen, ihr Lächeln und die tiefe Dankbarkeit dieser Familie niemals vergessen.
Sabine Janzen: Dann besuchten wir eine Grundschule. Der Bus musste vorher halten, weil auf der Schotterpiste die Gefahr zu groß war, dass unsere kleinen Busse stecken bleiben. Wir liefen um eine Hügelkette zu der Grundschule. Es war warm, alles war verdorrt, die Hügel kahl. Aber als wir um die Hügelkette herum kamen, standen da die ganzen Grundschüler und sangen für uns und alle hatten kleine grüne Sträußchen zur Begrüßung für uns in der Hand. Da haben wir gedacht: Das kann ja gar nicht wahr sein: Wo haben die Kinder denn überhaupt etwas Grünes gefunden? Wie weit mussten sie laufen, damit sie so ein Sträußchen in der Hand haben? Das hat uns sehr berührt. Von unserer Sonderspende, die ich einmal im Jahr mit meinen Freunden zusammen mache, hat diese Grundschule jetzt eine Wasserleitung bekommen. Das ist so ein tolles Gefühl, wenn man vor Ort war und die Kinder gesehen hat und jetzt weiß, hunderte Kinder haben sauberes Wasser direkt an dieser Schule. Das beflügelt mich unheimlich.
Sie haben vorhin gesagt, seit dem Besuch hat sich ihr Leben komplett verändert?
Sabine Janzen: Schon vor meiner Reise habe ich immer wieder Geld in meinem persönlichen Umfeld für Sonderspenden gesammelt. Das Tolle ist ja: Word Vision hat mich dazu ermutigt, mir ihre Arbeit vor Ort anzusehen und schickt mir immer Fotos von den Maßnahmen, die zusätzlich zu den Patenschaften durch unsere Sonderspenden gemacht werden konnten. Ob eine Wasserleitung im Dorf gelegt wurde, ob Tische und Bänke für die Schule gekauft wurden, Familien mit Nutztieren unterstützt wurden und vieles mehr.
Damals, als ich von meiner anstehenden Reise im Freundeskreis erzählt habe, bekam ich große finanzielle Unterstützung. Als ich aus Äthiopien wieder zurückkam, war ich begeistert von den Eindrücken und auch, dass so viel möglich ist, wenn Menschen mit Tatkraft zusammenarbeiten. Aus den Fotos der Reise habe ich eine kleine Präsentation gemacht und die dann an mehreren Abenden Freunden und Bekannten gezeigt. Ich musste einfach zeigen, wie ihre Unterstützung vor Ort ankommt.
Persönlich habe ich aber auch viel mitgenommen. Ich hatte im Jahr nach meiner Reise mehrere Todesfälle in meiner Familie und im Freundeskreis. Wäre ich vorher nicht in Äthiopien gewesen, wäre ich innerlich daran zerbrochen. Aber trotz der Schicksalsschläge, die ich gehabt habe, wurde mir bewusst, was ich doch für ein Glück habe, in Deutschland aufgewachsen zu sein und hier leben zu können. Wie viele Äthiopier hätten mein Schicksal sehr gerne gehabt. In Äthiopien wäre ich allein auf mich gestellt und müsste ohne staatliche Hilfe zurechtkommen. Das alles war und ist mir noch heute ein immenser Trost. Ja, es gibt mir eine solche Kraft, das hätte ich mir niemals vorstellen können. Ich bin heute einfach sehr dankbar für das, was ich habe.
In Teil 2 des Interviews berichtet Patin Sabine Janzen darüber, wie Patenschaft Leben verändert.