World Vision: Der kleinste gemeinsame Nenner ist ein Desaster für die Zukunft unserer Kinder
Forberg: „Wir können nicht auf jeden warten, der sich nicht um die Zukunft unserer Kinder sorgt.“
Friedrichsdorf / Glasgow, 12.11.2021
Wälder sind entscheidend für Klimaschutz und Entwicklung
Gegen Ende der Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow erkennt die internationale Kinderhilfsorganisation World Vision keine mutigen Beschlüsse. „Das Klima gibt das Tempo vor. Der kleinste gemeinsame Nenner bringt uns nicht voran und ist ein Desaster für die Zukunft unserer Kinder“, betont Ekkehard Forberg, Klimaexperte von World Vision. „Die hier gemachten Zusagen reichen nicht aus, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Jetzt geht es um schnelle und konsequente Umsetzung von Beschlüssen. Viele der in der Vergangenheit abgegebenen Ankündigungen sind letztlich nicht umgesetzt worden. Was wir jetzt brauchen sind konkrete Aktionen und Verantwortlichkeiten. Nur so werden unsere Kinder eine lebenswerte Zukunft haben.“ Die Hilfsorganisation fordert, dass sich neben Staaten auch verstärkt gesellschaftliche Akteure und insbesondere die Wirtschaft engagieren müssen, um den Klimawandel einzudämmen. „Wir können nicht auf jeden warten, der sich nicht um die Zukunft der Kinder sorgt“, so Forberg.
Die Probleme der Menschen im Globalen Süden werden uns auch in Deutschland direkt betreffen. Nicht nur moralisch sind wir verpflichtet, den Bedürftigsten in Bezug auf den Klimawandel beizustehen. Wenn wir nicht für Lebensbedingungen sorgen, die Kinder in die Lage versetzen, ihr volles Potenzial zu entfalten, werden die Menschen ihre Heimatländer verlassen. Nach neuesten Zahlen vom UNHCR, dem Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen, hat sich der Trend der Vertreibung auch im Jahr 2021 fortgesetzt – die weltweite Zahl der Vertriebenen liegt nun bei über 84 Millionen. „Diesbezüglich ist es auch fatal, dass es zu Verlusten und Zerstörungen (Loss and Damage) nur wenige finanzielle Zusagen gibt“, bedauert Forberg. „Insbesondere in den Ländern des Südens haben Menschen nach Katastrophen oft all ihr Hab und Gut verloren. Für sie gibt es in der Regel keine Entschädigung oder keinen Versicherungsschutz wie es beispielsweise in Deutschland oft der Fall ist.“ Laut Weltorganisation der Meteorologie beliefen sich die weltweiten, klimabedingten ökonomischen Schäden in den vergangenen 50 Jahren auf 3,6 Billionen Dollar. Geld sei also auch eine Investition in die Zukunft, so Forberg.
Bezüglich der Ausgleichsmaßnahmen darf es keine Doppelanrechnungen bei den Emissionsminderungen geben. So können z.B. Maßnahmen zum Schutz von Wäldern nicht gleichzeitig von den unterstützenden und den unterstützten Ländern auf ihre CO2-Reduktionsziele angerechnet werden.
World Vision fordert zudem massive Investitionen in den Schutz der Wälder und zwar sofort und nicht erst in 10 Jahren und in regenerative Wiederaufforstung nach der FMNR-Methode (FMNR = farmer managed natural regeneration). FMNR ist preiswert, einfach und funktioniert sogar in manchen Wüstenregionen. Wälder speichern CO2, helfen bei Anpassungsmaßnahmen gegen klimabedingte Wetterkatastrophen und bezüglich sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung. „Darum brauchen wir dringend eine weltweite Wiederbegrünungsbewegung“, fordert Forberg.
Für die gerade stattfindenden Koalitionsverhandlungen in Berlin bedeutet das Ergebnis von Glasgow, dass der bisherige Fokus der Ampel auf innenpolitische Belange dringend einer Ergänzung um eine internationale Gesellschaftspolitik bedarf. Klimaschutz wird nur gelingen, wenn Deutschland sich einem ambitionierteren Programm verpflichtet und auch sofort damit beginnt, Beschlüsse umzusetzen. International muss sich eine künftige deutsche Regierung auch stärker in der Armutsbekämpfung, bei der Bewahrung und regenerativen Wiederaufforstung von Wäldern als CO2-Senken, und an der Schnittstelle zwischen Klimawandel und Friedenspolitik engagieren.