World Vision: Millionen Menschen in Somalia hungern
Ohne sofortige Nothilfe droht vielen Kindern der Hungertod
Friedrichsdorf/Mogadischu, 28.07.2022
Schlimmste Dürre seit 40 Jahren nach Ausfall von Regenzeiten
In Somalia droht die Regenzeit bereits zum fünften Mal in Folge auszugefallen. Damit steuert das ostafrikanische Land nach Angaben der internationalen Kinderhilfsorganisation World Vision auf eine Hungerkatastrophe zu. Die schlimmste Dürre seit 40 Jahren zerstöre die Lebensgrundlage von Millionen Menschen. Vor allem Kinder stünden ohne sofortige Hilfe vor dem Hungertod.
Von der Nahrungsmittelkrise sind mehr als sieben Millionen Menschen betroffen. 200.000 von ihnen sind bereits stark unterernährt und 800.000 Menschen sind innerhalb Somalias und in den Grenzgebieten zu den Nachbarländern auf der Flucht, so World Vision.
Die Prognosen deuten darauf hin, dass sich die Krise in den kommenden Monaten noch verschlimmern wird, da im ganzen Land die mittlerweile fünfte Regenzeit ausbleiben dürfte. Schätzungsweise 1,5 Millionen somalische Kinder unter fünf Jahren sind bis zum Ende des Jahres von akuter Unterernährung bedroht.
Der stellvertretende nationale Direktor von World Vision Somalia, Tobias Oloo: "Ich habe viele Kinder und ihre Familien getroffen, die tagelang zu Fuß unterwegs waren, in der Hoffnung, Gebiete zu erreichen, in denen sie Nahrung für ihre hungrigen Kinder bekommen können. Die meisten Mütter, die wir in unseren Ernährungskliniken treffen, haben mindestens ein Kind, das unterernährt ist. Einige ihrer Kinder starben, bevor sie Hilfe erreichen konnten.“
Die Kinderhilfsorganisation erklärte, dass Millionen somalischer Haushalte mit steigenden Lebensmittelpreisen zu kämpfen haben, während die Dürre Ernten und Viehbestände dezimiert hat und die Kaufkraft der Menschen schwächt. Gleichzeitig brechen vertriebene Kinder die Schule ab, um zu flüchten oder zu arbeiten, damit sie ihre nächste Mahlzeit verdienen können.
Die 15-jährige Suldana erhält weniger als 1 Euro pro Tag für Hausarbeit. "Ich wasche Geschirr und erledige andere leichte Arbeiten. Ich mache das jeden Tag, den ganzen Tag, weil ich meiner Familie Essen bringen muss. Manchmal ist es schwer, Kunden zu finden. Einige der Kunden sind schlechte Menschen. Sie misshandeln dich, besonders wenn du ein Mädchen bist.“
World Vision befürchtet, dass der Krieg in der Ukraine die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit von einer Hungerkrise ablenkt, die sich seit Monaten am Horn von Afrika verschärft. Die humanitäre Hilfe für Somalia ist nach wie vor deutlich unterfinanziert: Nur 29 Prozent der Mittel, die zur Deckung des humanitären Bedarfs Somalias erforderlich sind, wurden bisher bereitgestellt.
Tobias Oloo: "Wir wissen aus Erfahrung, dass gefährdete Kinder in Krisensituationen am meisten leiden. Bei der Hungersnot in Somalia 2011 waren die Hälfte der 250.000 Todesopfer Kinder unter fünf Jahren. Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, dem Leben von Millionen von Kindern und ihren Familien, die vom Hungertod bedroht sind, sofort Priorität einzuräumen. Die Zeit zum Handeln ist jetzt gekommen.“
World Vision fordert von der Bundesregierung, sich stärker für den Kampf gegen den Hunger einzusetzen. So belaufen sich die beim G7-Gipfel in Elmau angekündigten finanziellen Zusagen für eine „Globale Allianz für Ernährungssicherheit“ auf aktuell gerade mal 4,5 Mrd. USD – wovon Deutschland 450 Mio. Euro beisteuert. Die sei viel zu wenig angesichts des globalen Bedarfs.