Ferien unter Mamas Regie
In Simbabwe haben die Kinder gerade Ferien, als ich mich auf den Weg zu Praise mache. Erinnern Sie sich an das Mädchen, das seiner Patin Beate „Tatenda“, also Danke sagte? Das gerne zur Schule geht und Lehrerin werden möchte? Wir haben am Beispiel von Praise verschiedene Aspekte der Wirkungen einer Kinderpatenschaft aufgezeigt, und nun nutze ich eine Reise nach Simbabwe, um nachzuschauen wie sich das Patenkind weiter entwickelt hat.
Ein Patenbesuch eröffnet - neben Briefen - schöne zusätzliche Möglichkeiten die Lebenswelt eines Patenkindes kennen zu lernen. Ich habe außerdem das Glück einen Tag mit Praise zu verbringen, an dem sie viel Zeit hat. Weil gerade Ferien sind.
Eine Welt für sich - irgendwo in Manicaland
Ohne unsere ortskundigen Mitarbeiter würde ich Praise sicher nicht finden. Wir haben die Straße schon seit einer Weile verlassen, als wir einen Bach überqueren und dann nach einer Kurve vor dem Ensemble aus Lehmziegelhäuschen stehen. Praise lebt hier mit ihrer Mutter Cecilia, ihrem kleinen Bruder Receive und Großmutter Christine - samt Ziegen und Hühnern. Vor dem Eingang wächst gerade Fingerhirse, die man zu einem Brei verkocht. Zwei Onkel von Praise - Brüder ihrer Mutter - wohnen mit ihren Familien im gleichen Dorf, so dass sich das Leben oft in der Großfamilie abspielt. Auch Freundinnen und Freunde der Kinder kommen gerne vorbei, besonders wenn etwas Besonders los ist wie an diesem Tag.
Cecilia, die ihren Lebensunterhalt als Friseurin verdient, ist sehr kontaktfreudig und hat offenkundig kein Problem damit „Fremde“ in ihren Alltag zu integrieren. Wenn ich ihre Sprache - Shona - spräche, könnte ich vermutlich in kürzester Zeit das ganze Dorf und die Lebensgeschichten seiner Bewohner kennen lernen.
Praise und ihre Freunde haben schon bald nach dem Frühstück Appetit auf etwas Süßes zum Naschen. Kein Wunder, denke ich. Zum Frühstück gibt es nämlich auf dem Land in Simbabwe meist Reste vom Abendessen am Vortag und dazu ein Tässchen Tee. Ein Glück, dass man ganz in der Nähe gerade reife Wildbeeren pflücken kann! Mein Geschmack sind sie zwar nicht, aber die Kinder langen fröhlich zu. Mit den großen Kernen im Innern könnte man auf jeden Fall gut Kerne-Wettspucken spielen.
Beliebte Spiele
Zu den Lieblingsspielen von Praise und ihren Freunden zählt das Geschicklichkeitsspiel Nhodo. Die Kinder legen dafür kleine Steine in ein Sandkuhle. Wer an der Reihe ist, wirft einen Stein in die Luft und fängt ihn mit einer Hand wieder auf, während mit der anderen Hand eine bestimmte Anzahl Steine aus der Kuhle herausgeholt werden müssen. Das geht schneller vor sich als man gucken kann. Praise hat aber schon viel Übung damit. Bei sportlichen Spielen wie dem Kästchen-Hüpfen (in Shona „Pada“ genannt) lässt sie anderen lieber den Vortritt, außer beim Seilspringen. Da hat sie Ehrgeiz, und kleine Lieder in Englisch helfen ihr im Rhythmus zu bleiben. Ihr kleiner Bruder Receive spielt lieber mit einem Ball.
Nicht ganz schulfrei
Mama Cecilia besteht darauf, dass Praise auch in den Schulferien ein bisschen schreiben, lesen und rechnen übt. Sie hilft ihrer Tochter aber dabei. Praise geht jetzt in die dritte Klasse der Grundschule. „In Shona und Englisch ist sie gut, aber Mathe muss sie mehr üben“, erzählt Cecilia. Von der Klassenlehrerin hat die Mutter auch gehört, dass Praise noch zu schüchtern sei im Unterricht. Das Selbstbewusstsein ihrer Tochter möchte Cecilia daher auch fördern. Sie findet es wichtig, dass besonders Mädchen früh lernen selbstbewusst zu kommunizieren.
Praise erhebt keinen Widerspruch (obwohl sie ihre Aufgaben mangels eines Tisches am Boden machen muss) und revanchiert sich bei ihrer Mama, indem sie ihr beim Wäschewaschen hilft. Der Tag ist ja noch jung!
Zum Wäschewaschen gehen Cecilia und die anderen Frauen aus dem Dorf an den nahe gelegenen Fluss. Auf flachen Steinen knieend halten sie die Kleidung in die Strömung des kalten Wassers. Praise schaut sich bei der Mama ab, wie man die Wäsche einseift und durchknetet. Da Mama viel lacht und plaudert bei der Arbeit, ist die Schüssel Wäsche ruck-zuck erledigt. Ganz geheuer ist es Praise aber nicht an dem durchaus zum Schwimmen einladenden Fluss, weil sich hier auch Krokodile wohlfühlen. „Krokodile können schnell laufen“, weiß Praise.
Für das Mittagessen hat eine Tante von Praise in der Zwischenzeit Feuer gemacht und den traditionellen Masibrei „Sadza“ angesetzt, der nun nur noch kräftig gerührt werden muss. Dazu gibt es - eher an besonderen Tagen - Hühnchen mit leckerer Soße und Zwiebeln, an anderen Tagen Erdnuss-Soße oder Kürbis.
Nach dem Essen hilft Praise beim Spülen und legt das saubere Geschirr draußen auf dem „Geschirrtrockner“ ab - alles funktioniert hier ohne Strom. Dass diese Arbeit nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen der Achtjährigen gehört, sieht man ihr an.
Kein Fernseher, keine Bücher - aber eine Geschichten-Erzählerin
In der Mittagshitze fühlen sich alle im Schatten eines Baumes am wohlsten. Großmutter Christine versammelt die Kinder um sich und erzählt ihnen Geschichten. Eine Tier-Fabel wünscht sich Praise. In solchen Fabeln wird traditionell mündlich das Wissen und die Lebensweisheit älterer Generationen an die jüngere Generation weitergegeben. Und wie es Sitte ist, bestätigen die Zuhörer in Erzählpausen mit einem Ausruf in Shona, dass sie verstanden haben und mehr hören wollen.
Praise kennt zwar auch einige Geschichten aus Büchern, aber die gibt es nur in der Schule. World Vision unterstützt die Schulen mit Lesematerial, denn die meisten Familien haben keines zuhause.
Am Nachmittag sind die „normalen“ Tiere an der Reihe. Da der kleine Bruder mit seinen vier Jahren noch zu jung dafür ist, übernimmt Praise das Füttern der Hühner und der Küken im Stall. Ihre Tante hat durch das World Vision-Projekt gelernt, wie man Küken gesund aufzieht. Davon profitiert die ganze Familie. Wenn die Kühe von einer Weide zur anderen gebracht werden, folgt Praise lieber mit einigem Abstand. Sie hat Respekt vor den großen Tieren und ihren Hörnern. Gerne spielt sie aber mit kleinen Zicklein und möchte ihre Beschützerin sein, denn manchmal kommen Paviane von den umliegenden Bergen herunter, um sich eine Abendmahlzeit zu holen.
Auf dem Rückweg nach Hause können Praise und ihre Freunde den Tag wunderbar am Bach ausklingen lassen. Ein Eldorado zum Planschen, Hüpfen oder auch einfach zum Plaudern und Erfrischen - ganz ohne Krokodile. Zu gerne würde ich hier mit ihnen verweilen und sehen oder hören, was ihnen ihre Phantasie hier eingibt, welche Träume sie hier vielleicht auch vom Leben spinnen.
Gut zu wissen, dass wir noch einige Jahre dort sein werden, um Kinderträume wahr werden lassen zu können. Und dass viele Paten diesen Kindern ermutigende Begleiter sind.