Kindersoldatin

Als Kindersoldatin im Kongo

Wie Tshibola zur Miliz in Kasai kam
Autor: Dirk Bathe  | 
2. Mai 2019
Autor: Dirk Bathe
Nachdem die Miliz meine Schwester getötet hat, bin ich zu ihnen gegangen.
Tshibola

Tshibola war allein mit den Kindern im Haus, als ihr Schwager angerannt kam, ohne Hemd, um ihr  von dem grauenhaften Ereignis zu berichten. Er sagte ihr, sie solle sich schnell in einem Raum verstecken. Er selbst nahm die Kinder und wollte sich woanders verstecken. Wenig später hörte Tshibola Schüsse in der Nähe des Hauses. Die Milizionäre mit ihren roten Kopftüchern umzingelten das Haus. Sie brachen die Tür auf und entdeckten Tshibola. Ihr Schwager und die Kinder waren nirgendwo zu finden. Offenbar war er aus dem Haus gerannt und hatte Tshibola allein zurück gelassen. Die Milizionäre fesselten Tshibola und drohten damit, sie zu töten. "Ich sagte ihnen, meine Schwester ist tot, mein Schwager ist weggelaufen“, so Tschibola. „Was habt ihr gegen mich?" Sie sagten, ich stamme aus einer Militärfamilie. Das sei mein Verbrechen. Aber anstatt Tshibola zu töten, boten sie ihr an, der Miliz beizutreten. Verschleppt und weit weg von zu Hause gab es für sie keine Wahl. Sie stimmte zu. „Es gab eine Aufnahmezeremonie, sie gaben mir Alkohol und am zweiten Tag sagten sie mir, dass wir in die Schlacht ziehen würden“, erklärt Tshibola. "Das Militär begann zu schießen, als wir ankamen, und ich fiel zu Boden." Bei den Kämpfen war Tshibola mehrmals in die Beine geschossen worden. Die Soldaten nahmen sie mit, brachten sie später nach Kananga ins Militärlager und zur Behandlung zu den Ärzten ohne Grenzen.

Schaukeln statt Schießen

Einige Wochen später wurde Tshibola schließlich in einem Zentrum für ehemalige Kindersoldaten aufgenommen. Noch immer wartet sie auf Nachricht von ihrer Familie. Sie macht sich große Sorgen, da sie nicht weiß, ob die Milizen ihnen auch etwas angetan hat. Sie humpelt noch etwas, aber sie kann sich schon ohne Krücken bewegen. Die Mitarbeiter des Zentrums versuchen derzeit, Tshibolas Familie zu finden. Bei verschiedenen Pastoren und in Kirchen wurden Botschaften hinterlassen. Doch möglicherweise sind ihre Mutter und ihre Brüder nach Angola geflohen. Geschätzt 1,6 Millionen Menschen sind aus der Kasai Region in andere Gebiete und in Nachbarländer geflohen. Seit mehreren Monaten herrscht derzeit ein trügerischer Friede, doch bisher sind nur die Hälfte der Flüchtlinge nach Hause zurückgekehrt. Tshibola hofft, dass ihre Familie gefunden wird und sie endlich wieder zur Schule gehen kann. Die Narben ihrer Erlebnisse sind nicht nur äußerlich sichtbar, aber ihr wundervolles Lächeln gibt Hoffnung, dass sie die furchtbaren Erlebnisse verarbeiten kann.