Als Kindersoldatin im Kongo
„Nachdem sie meine Schwester getötet haben, bin ich zur Miliz gegangen.“ Mit einem breiten Lächeln kommt Tshibola in den Raum. Kaum zu glauben, was sie soeben gesagt hat. Darf jemand so lächeln und so etwas sagen? Die Miliz hatte doch ihre ganze Familie getötet. Unverständnis steht auf den Gesichtern der Zuhörer geschrieben. Vor Ausbruch des Konflikts in der Kasai Region lebte die 14-jährige Tshibola mit ihrer Mutter und zwei älteren Brüdern in einem Dorf unweit von Tshikapa, in der Provinz Kasai im Zentrum der Demokratischen Republik Kongo. Eines Tages rief Tshibolas Schwester an, um sie zu fragen, ob sie vorbeikommen könne, um ihre Nichten und Neffen für ein paar Tage zu betreuen, da ihr Mann und sie in die Stadt fahren müssten. Beide arbeiteten beim Militär und wollten ihre Gehälter abholen. Tshibola stimmte zu und machte sich auf den Weg ins Dorf ihrer Schwester, um sich drei Tage lang um die Kinder zu kümmern. Als ein paar Tage später ihre Schwester und ihr Schwager mit einem Militärfahrzeug nach Hause gebracht wurden, griffen die Milizen den Lastwagen an. Tshibolas Schwester und weitere Insassen wurden enthauptet.
Nachdem die Miliz meine Schwester getötet hat, bin ich zu ihnen gegangen.
Tshibola war allein mit den Kindern im Haus, als ihr Schwager angerannt kam, ohne Hemd, um ihr von dem grauenhaften Ereignis zu berichten. Er sagte ihr, sie solle sich schnell in einem Raum verstecken. Er selbst nahm die Kinder und wollte sich woanders verstecken. Wenig später hörte Tshibola Schüsse in der Nähe des Hauses. Die Milizionäre mit ihren roten Kopftüchern umzingelten das Haus. Sie brachen die Tür auf und entdeckten Tshibola. Ihr Schwager und die Kinder waren nirgendwo zu finden. Offenbar war er aus dem Haus gerannt und hatte Tshibola allein zurück gelassen. Die Milizionäre fesselten Tshibola und drohten damit, sie zu töten. "Ich sagte ihnen, meine Schwester ist tot, mein Schwager ist weggelaufen“, so Tschibola. „Was habt ihr gegen mich?" Sie sagten, ich stamme aus einer Militärfamilie. Das sei mein Verbrechen. Aber anstatt Tshibola zu töten, boten sie ihr an, der Miliz beizutreten. Verschleppt und weit weg von zu Hause gab es für sie keine Wahl. Sie stimmte zu. „Es gab eine Aufnahmezeremonie, sie gaben mir Alkohol und am zweiten Tag sagten sie mir, dass wir in die Schlacht ziehen würden“, erklärt Tshibola. "Das Militär begann zu schießen, als wir ankamen, und ich fiel zu Boden." Bei den Kämpfen war Tshibola mehrmals in die Beine geschossen worden. Die Soldaten nahmen sie mit, brachten sie später nach Kananga ins Militärlager und zur Behandlung zu den Ärzten ohne Grenzen.