Nepal heute: Weniger Angst und mehr Schutz für die Kinder
Unsere Mitarbeiterin Stefanie Glinski hat vor zwei Jahren das Erdbeben in Nepal miterlebt, um ihr Leben gefürchtet und in Notlagern kampiert. Jetzt kehrte sie zurück in das kleine Land am Himalaya und sah größere Veränderungen als sie erwartet hatte. Auch in Dörfern des damals hart getroffenen Bezirks Sindhupalchok. Hier ihr Bericht und einige ihrer Bilder.
Simrans Dorf, zwischen terrassierten Bergen entstanden und umgeben von jahrzehntealten Bäumen, ist eine große Baustelle. Die Häuser, kleine einfache und auch größere schicke, werden von Grund auf neugebaut. Verstärkende Metallstreben reichen in den Himmel Auf den Straßen sieht man vor allem rot, da überall frisch hergestellte Ziegel gelagert sind. In Körben tragen Frauen sie zur Baustelle. Die meisten Leute wirken sehr beschäftigt, haben offenbar den Willen ihr vor zwei Jahren komplett erschüttertes Leben wieder neu aufzubauen.
Vor zwei Jahren traf das Erdbeben die 16-jährige Simran wie so viele Nepalis völlig unvorbereitet . „Ich saß im Haus, als ich das Geräusch des Bebens gehört habe, erzählt das in blauer Schuluniform vor mir stehende Mädchen. „Ich hatte Angst, nahm die Hand meiner Mutter und rannte aus dem Haus, unmittelbar bevor es komplett zusammen brach. Ich habe damals geschrien und geweint.“ Simran lächelt, als sie fortfährt: „Heute sind die Dinge anders“.
An den Bau neuer und sicherer Häuser denkt das Mädchen nicht ausschließlich und vermutlich nicht einmal an erster Stelle, denn viele Familien haben noch nicht das Geld, um damit zu beginnen. Simran und auch viele andere Menschen berichten davon, dass sie allmählich ihr Trauma überwunden haben und dass proaktive Schritte für eine bessere Zukunft unternommen werden. Das freut mich doppelt, denn World Vision ist mittendrin!
In den ärmsten und besonders hart getroffenen Orten ist es immer noch notwendig auf die Grundbedürfnisse der Familien einzugehen und außerdem ihr Einkommen zu verbessern. Die Einkommensförderung gehört auch zu den aktuellen Schwerpunkten unserer Hilfe. World Vision hat jedoch auch Gesundheitsstationen, Schulen und Wasserversorgungssysteme instand gesetzt und verbessert. Wichtig war und ist uns in allen Projekten, dass wir Partner sind und die unterstützten Gemeinden stärker darin werden, sich selbst helfen zu können.
In Simrans Schule, die mit Unterstützung von World Vision neu aufgebaut wurde, haben die Kinder inzwischen oft trainiert wie sie sich im Falle eines Erdbebens verhalten sollen. „Wir hoffen, dass es nicht nochmal ein so großes Erdbeben geben wird und denken auch nicht oft daran, aber wir sind jetzt besser auf Katastrophen vorbereitet“, sagt die Schülerin selbstbewusst.
Seit letztem Jahr engagiert sich Simran außerdem als Leiterin des an der Schule gegründeten Kinder-Netzwerks dafür, dass bei der Aufbauarbeit auf die Stimmen der Kinder und Jugendlichen in dem Prozess gehört wird.
„World Vision kam nach dem Erdbeben in unser Dorf um uns zu helfen, und das war auch der Start des Kinder-Netzwerks”, erklärt sie. „Viele Kinder wurden zu der Zeit als Arbeitskraft verkauft, aber mit Hilfe von World Vision schützen wir sie jetzt davor”.
Simran nennt Beispiele für Erfolge, die das Kinder-Netzwerk verbuchen kann. „Wir haben vor kurzem zum Beispiel die Verheiratung eines minderjährigen Mädchens verhindert und wir sorgen dafür, dass Kinder nicht zu schwerer oder ausbeuterischer Arbeit gezwungen werden, sondern zur Schule gehen können.“ Einem 12-jährigen Jungen, der in einem Hotel arbeiten musste, nachdem seine Familie ihr Haus verloren hatte, konnte der Kinderklub ebenfalls helfen. „Als wir ihn fanden, gelang es uns ein Stipendium für ihn zu bekommen und her konnte zurück in die Schule. Er geht auch jetzt zur Schule und gehört zu unserem Kinderklub.“
Simran ist eine von vielen Zeugen dafür, dass auch veränderte Einstellungen und neues Wissen das Leben verändern können. „Die Leute machen sich mehr über uns Kinder Gedanken und wissen, dass wir die Zukunft des Landes sind“, meint die 16-Jährige. Auch sie selbst habe sich durch die von World Vision und einer lokalen Partnerorganisation angebotenen Trainings verändert. „Die Trainings haben mich zu einer viel kenntnisreicheren Person gemacht”, sagt Simran. „Und ich bin motiviert, Sozialarbeiterin zu werden, um mich für bessere Lebensbedingungen der Kinder in meiner Gemeinde einzusetzen.“