Flucht vor der Gewalt
Thérèse ist eines von vielen Kindern, die Opfer militärischer Auseinandersetzungen in der Demokratischen Republik Kongo wurden. Das Flüchtlingskind ist erst 13 Jahre alt und musste bereits vor Rebellen fliehen und um ihr Leben rennen. Sie verlor ihren Vater, versteckte sich wochenlang mit anderen Flüchtlingen vor der Gewalt im Busch und lebt nun mit ihrer kleinen Schwester Nzambi Marie bei einer Tante.
Sie kamen an einem Donnerstag. Mein Vater hat uns vorausgeschickt, wir sollten in den Wald rennen und uns verstecken. Er wollte nachkommen. Aber er wurde umgebracht.
Wie viele andere Flüchtlinge aus ihrem Dorf lebten Thérèse und ihre sechs Geschwister über Wochen im Wald, ernährten sich von essbaren Blättern und von Tieren, die sie fangen konnten, und fanden Schutz unter Palmwedeln, wenn es regnete. Ende April konnten sie wieder in ihr Dorf. Aber ihre Mutter kehrte mit den fünf Brüdern in ihre ursprüngliche Heimat zurück. Thérèse und ihre Schwester ließ sie bei einer Tante, die auch bereits eigene Kinder zu versorgen hat. Für die beiden Schwestern ist das Leben sehr schwierig. Thérèse und Nzambi Marie bekommen oft nur eine Mahlzeit am Tag und essen nicht gut.
Auch Marie, 11 Jahre, hat Gewalt erlebt. Mit ihrer Familie floh sie aus ihrem Dorf in ein anderes Gebiet, um den Rebellen zu entkommen. Doch auch dort kam es bald zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und sie flüchtete mit ihrer Familie erneut – diesmal in den Busch, wo sie sich einige Monate verstecken mussten.
Sie erzählt: „Das vergangene Jahr war schrecklich. All die Dinge, die passiert sind – wir haben ein ganzes Jahr verloren. Wir konnten nicht weiter lernen. Ich würde bereits auf die weiterführende Schule gehen, aber dann mussten wir fliehen und hatten keinen Unterricht mehr.“ Dennoch hat das Mädchen bereits Pläne geschmiedet: Sie will Dorfvorsteherin werden oder zumindest Schulleiterin. „Schulleiterinnen sind respektiert“, sagt sie. „Es ist ein guter Beruf, bei dem man genug verdient, um satt zu werden.“
Viele Kinder der Region konnten nicht mehr in die Schule gehen, als die Kämpfe zwischen Rebellen und dem Militär ihre Dörfer erreichten. Einige von ihnen flohen – nicht nur einmal, sondern wiederholt. Sie haben Verwandte verloren, viele Familien wurden auseinandergerissen.
Für die Flüchtlingskinder aus der Demokratischen Republik Kongo, die aus dem Busch zurückgekehrt sind, ist es nicht leicht, wieder in die Schule zu gehen: zu viel haben sie gesehen und erlebt, zu viel zu verarbeiten. World Vision unterstützt sie deshalb darin, wieder den Unterricht zu besuchen und ihre Bildung fortzusetzen. Im Rahmen der Kampagne „Zurück zur Schule“ hat World Vision gemeinsam mit Partnern 15.124 Schulranzen an Kinder in der Region verteilt, ein kleiner Anreiz. Vor Ort hat World Vision mit vielen Mädchen gesprochen – trotz allen Elends und Leids sind sie zuversichtlich, wenn auch noch verhalten. Sie bereiten sich darauf vor, ihre Prüfungen für die weiterführende Schule zu machen, und haben Pläne für ihre Zukunft.