15.01.2024

Hürden die Mädchen den Zugang zu Bildung erschweren

Autor: IBrecheis

Der Zugang zu Bildung ist ein Menschenrecht. Allen Kindern - unabhängig von ihrem Geschlecht – sollte er freistehen. Laut UNESCO gehen jedoch rund 122 Millionen Mädchen weltweit nicht zur Schule. Die Hürden, die sich Mädchen beim Zugang zu Bildung in den Weg stellen, sind vielfältig: Armut, Diskriminierung und Ausbeutung sind nur einige von ihnen.

Die Hälfte aller Mädchen in Ländern des globalen Südens schließt laut einem Bericht der Globalen Bildungskampagne nicht einmal die Grundschule ab. Dies bedeutet, dass sie nur begrenzte Chancen haben, einen Beruf oder neue Einkommensmöglichkeiten zu ergreifen und sich in ihrem Leben entfalten und entwickeln zu können. Aber auch auf die Gesellschaften, in denen sie leben, hat das schwerwiegende Auswirkungen.

World Vision setzt sich dafür ein, dass Mädchen die Schule besuchen können, und unterstützt ihre Lern- und Lebenskompetenzen, indem Geschlechtergerechtigkeit im familiären, schulischen und lokalen Umfeld gefördert wird. World Vision arbeitet mit den vor Ort zuständigen Bildungsstellen zusammen, um eine gerechte und wirksame Bildungspolitik zu erreichen und um sozialen und geschlechtsspezifischen Normen und Praktiken entgegenzuwirken, die Kinder – insbesondere Mädchen - an einem Schulbesuch hindern.

Bildung für Mädchen – ein Gewinn für alle

Question & Answer Section
Question
Warum ist Bildung für Mädchen wichtig?

Bildung gibt Mädchen die Möglichkeit, besser zu verdienen und unabhängig zu sein. Das wiederum führt dazu, dass sie als Mütter besser für die Ausbildung und Gesundheit ihrer Kinder sorgen können. Außerdem gibt ihnen das mehr Möglichkeiten, ihr Umfeld und ihre Umgebung aktiv mitzugestalten.

Schon gewusst?

  • Um 4 bis 6 Prozent verringert sich die Wahrscheinlichkeit, vor dem 18. Lebensjahr verheiratet zu werden, mit jedem zusätzlichen Jahr an weiterführender Bildung, die Mädchen erhalten. (Economic Impacts of child marriage: Global Synthesis Report, 2017, S. 71)
  • Mehr als 30 Millionen Todesfälle von Kindern unter 5 Jahren könnten verhindert werden, wenn Mädchen Zugang zu Bildung erhielten. (Learning Generation, S. 34)
  • Weltweiter Zugang für alle Kinder zu Bildung könnte Zwangs- und Frühverheiratung beenden. (Missed Opportunities: The high cost of not educating girls, S. 52)
  • Frauen, die eine Grundschulbildung erfahren haben, verdienen 14 bis 19 Prozent mehr als die, die gar keine Grundschulbildung genossen haben. Frauen, die eine weiterführende Schule besucht haben, verdienen beinahe zweimal so viel. (Missed Opportunities: The high cost of not educating girls, S. 4)
  • Um 15 bis 30 Billionen USD könnte das Humankapital weltweit steigen, wenn alle Mädchen 12 Jahre die Schule besuchen könnten. (Missed Opportunities: The high cost of not educating girls, S. 52)
     
Question
Wie viele Mädchen haben keinen Zugang zu Bildung?

Laut UNESCO (Stand September 2023) gehen derzeit auf der ganzen Welt 122 Millionen Mädchen nicht zur Schule. Das schließt sowohl die Grundschule als auch die weiterführende Schule mit ein.

Hürden für Mädchen beim Zugang zu Bildung

Kulturelle und soziale Hürden – tradierte Rollenbilder durchbrechen

Mädchen stehen vor kulturellen und sozialen Hürden, die ihren Bildungszugang erschweren. Dazu gehören traditionelle Geschlechterrollen, die Mädchen für die Rolle der Hausfrau und Mutter vorsehen. Diese Erwartungen führen dazu, dass ihrer Bildung weniger Wichtigkeit beigemessen wird, sie gar nicht erst die Schule besuchen oder frühzeitig aus der Schule genommen werden.

Eng damit verbunden ist die Zwangsverheiratung von Mädchen. In einigen Gemeinschaften werden sie bereits in jungen Jahren verheiratet. Dadurch wird ihr Bildungsweg abrupt beendet, denn nun ist ihnen die Verantwortung für Haushalt und Kindererziehung auferlegt. 
 

Mädchen mit Frauen in Bangladesch

So arbeitet World Vision dagegen. Eine Geschichte aus 📍Bangladesch:

Die Ausbildung von Mädchen aus armen Familien wird als Geldverschwendung angesehen, weil von ihnen erwartet wird, dass sie ihre Familie verlassen, heiraten, Kinder bekommen und sich um die Familie ihres Mannes kümmern.

Daher ist Zwangsverheiratung weit verbreitet. Um dieses Problem anzugehen, begann World Vision mit religiösen Führern zusammenzuarbeiten, um den Kinderschutz zu stärken und die sozialen Normen zu ändern.

Inzwischen wurden mehr als 630 Imame sowie Hindu-Priester, christliche Pastoren und Nonnen geschult. Sie treffen sich regelmäßig, um Strategien zur Stärkung des Kinderschutzes zu planen.

Armut – Bildung beendet den Teufelskreis

Armut und fehlende Ressourcen stellen eine bedeutende Herausforderung dar, wenn es um den Bildungszugang von Mädchen geht. Die Kosten für Schulgebühren, Schuluniformen und Schulmaterialien sind für von Armut betroffene Familien, unerschwinglich. Oft müssen Kinder auch schon in jungem Alter zum Familieneinkommen beitragen und können deshalb nicht zur Schule gehen.

Mädchen mit Mutter, Mädchenbildung

So arbeitet World Vision dagegen. Eine Geschichte aus 📍Bangladesch:

Gulzar ist ein Vorbild für die Stärkung der Rolle der Frau in ihrer Gemeinde. Sie verdient ihr eigenes Geld und steht nun auf eigenen Füßen. „Ich hatte nirgendwo ein Konto, ich hatte sogar noch nie eine Bank betreten. Jetzt berate ich andere Frauen und bringe sie zur Bank, damit sie ihr Konto eröffnen können", sagt sie mit einem stolzen Lächeln.

Gulzar hat vor kurzem ein Grundstück gekauft, in der Hoffnung, dort ihr neues Haus zu bauen. Sie träumt auch davon, ihrer Tochter ein besseres Leben mit einer guten Ausbildung zu ermöglichen. „Aufgrund der extremen Armut und der vorherrschenden Traditionen meiner Eltern wurde ich mit 14 Jahren verheiratet. Aber meine Tochter Tammana geht als erste Tochter der Familie zur Schule und möchte Ärztin werden."
 

Mangelnde Infrastruktur – Schulmaterialien und sanitäre Einrichtungen sind die Basis für Geschlechtergerechtigkeit

In vielen ländlichen Gegenden fehlt es an ausreichenden Schulen, Material und qualifizierten Lehrkräften. Die Klassenräume, die es gibt, sind überfüllt. Es ist keine Seltenheit, dass sich mehrere Schülerinnen und Schüler ein Schulbuch teilen müssen. Außerdem sind die Schulwege in vielen Regionen weit und gefährlich.

Ein weiteres Problem ist das Fehlen angemessener sanitärer Einrichtungen und Hygienemaßnahmen an Schulen. Mädchen haben oft keinen Zugang zu sauberen Toiletten und Waschgelegenheiten. Das führt dazu, dass Mädchen während der Menstruation dem Unterricht fernbleiben und so Schulstoff verpassen.
 

Mädchen vor einer Schultoilette

So arbeitet World Vision dagegen. Eine Geschichte aus 📍 Eswatini:

Durch die Verteilung von Monatshygieneartikeln und durch den Bau sanitärer Einrichtungen, verpassen Mädchen nun keinen Unterricht mehr, sagt Temavulane: „Kein Mädchen in meiner oder einer anderen Klasse hat wegen der Menstruation den Unterricht versäumt. Selbst wenn man in der Schule seine Periode bekommt, muss man nur der Vertrauenslehrerin Bescheid geben. Sie sorgt dafür, dass niemand ohne Binden auskommen muss.“ 

Sie sagt, dass dies das Leben einfacher gemacht habe und fügt hinzu: „Bevor wir diese Hilfe bekamen, wurden wir gedemütigt und stigmatisiert, weil einige Mädchen Tücher oder andere Materialien als Binden benutzten, aber das hat man durch die Hose gesehen." Infolgedessen, so sagt sie, wären viele Mädchen während ihrer Periode nicht zum Unterricht gekommen und hätten viel vom Lehrplan verpasst. Das ist nun nicht mehr so.
 

Diskriminierung und Gewalt – Mädchen schützen, Menschen sensibilisieren

Geschlechtsbezogene Gewalt und Belästigung sowohl auf dem Schulweg als auch in den Bildungseinrichtungen selbst, schaffen eine Atmosphäre der Angst und Unsicherheit, die es Mädchen erschwert, zur Schule zu gehen.

Darüber hinaus werden Mädchen im Bildungssystem oft benachteiligt. Oftmals werden Mädchen von höherer Bildung ausgeschlossen oder in traditionelle Rollen gedrängt, die ihre Bildungsmöglichkeiten einschränken. In manchen Ländern (z. B. Afghanistan) dürfen Mädchen keine weiterführende Schule besuchen.
 

Gefahren für Mädchen auf dem Schulweg, Mädchenbildung

So arbeitet World Vision dagegen. Eine Geschichte aus 📍Tansania:

Die 16-jährige Esther läuft 8 km pro Strecke, um in Tansania zur Schule zu gehen, und ist dabei der Gefahr sexualisierter Gewalt und gefährlicher Tiere ausgesetzt. Die anhaltende Dürre zwingt sie dazu, zu spät zu kommen, so dass sie erst im Dunkeln nach Hause kommt und sich damit in weitere Gefahr begibt.

Esthers Engagement für die Schule ist jedoch unerschütterlich, und die Schule ist dank der Lehrkräfteausbildung  und der Mittel von World Vision zur leistungsstärksten im Bezirk geworden. Um die Sicherheit zu verbessern, plant die Schule den Bau eines Zauns und von Satellitenschulen. Die Ausbildung von Mädchen ist für die Überwindung der extremen Armut von entscheidender Bedeutung, da sie nachweislich das Einkommen erhöht und den Gemeinden über Generationen hinweg zugutekommt.
 

Auswirkungen der Hürden beim Bildungszugang auf Mädchen und die Gesellschaft

All diese Hürden, die Mädchen den Zugang zu Bildung erschweren, haben nicht nur direkte Auswirkungen auf ihr eigenes Leben, sondern wirken sich auf die Gesellschaft aus, in der sie leben.

Der Mangel an Bildung  für Mädchen trägt zu einem Teufelskreis von Armut und sozialer Ungerechtigkeit bei. Wenn Mädchen keinen Zugang zu Bildung haben, sind sie häufig gezwungen, in prekären Arbeitsverhältnissen zu arbeiten oder früh zu heiraten. Dies führt zu einem niedrigen Einkommen und begrenzten Möglichkeiten, aus der Armutsspirale auszubrechen. Darüber hinaus haben Mädchen ohne Bildung ein höheres Risiko, Opfer von Gewalt und Diskriminierung zu werden. Dieser Zyklus der Armut und sozialen Ungerechtigkeit beeinträchtigt nicht nur das Leben der betroffenen Mädchen, sondern auch die gesamte Gesellschaft, indem er die Ungleichheit verstärkt und das soziale Gefüge schwächt.

Mädchen haben ein enormes Potenzial, positive Veränderungen in ihrer Umgebung herbeizuführen. Wenn sie Zugang zu Bildung erhalten, können sie ihre Fähigkeiten entwickeln, ihr Wissen teilen, ihre Stimme erheben, und sich für soziale Gerechtigkeit, nachhaltige Entwicklung und Gleichberechtigung einzusetzen. Der Verlust dieses Beitrags von Mädchen zur Gesellschaft ist ein Hindernis für den Fortschritt und das Wachstum einer gerechten und inklusiven Gesellschaft.
 

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