Patenschaft: Eine unvergessliche Begegnung
Unsere Paten Angela und Mathias Lohse besuchten 2017 ihr Patenkind Chanra in Kambodscha. Hier schreiben sie über ihre Erlebnisse:
Im Dezember 2010 setzten wir unseren schon länger gehegten Gedanken über ein Patenkind bei World Vision um, nahmen Kontakt mit der Organisation auf und bewarben uns für ein kleines Mädchen in Asien. Unsere zwei eigenen Söhne waren schon groß, wir hatten also gewissermaßen „freie Kapazität“.
Asien mit seinen freundlichen, fleißigen Menschen war uns auf Urlaubsreisen ans Herz gewachsen und wir wollten dort einen ganz kleinen Beitrag für die Entwicklung eines Kindes und der Region beisteuern. Das waren auch die Argumente für eine World Vision-Patenschaft gewesen: die persönliche Bindung zu einem Kind, die langfristige, nachhaltige und breite Entwicklung einer ganzen Region und letztlich die Hilfe zur Selbsthilfe, damit nach 25 oder 30 Jahren Aufbau das Gebiet auf eigenen Füßen stehen kann.
So erreichte uns ein paar Wochen später der erste Brief von World Vision mit den Unterlagen und einem Foto der kleinen Chanra, fünf Jahre alt, gerade in die Schule gekommen, in einem kleinen Dorf im Norden Kambodschas. In den folgenden Jahren gingen nun regelmäßig Briefe hin und her und auch kleine Pakete, die wir einmal im Jahr, meist zum Geburtstag unseres Patenkindes oder zu Weihnachten auf die weite Reise schickten, mit Spielzeug, Schulmaterial und anderem.
Von Anfang an gab es auch den Wunsch, Chanra eines Tages zu besuchen. Ein paar Jahre wollten wir warten, schauen, wie sich alles entwickelt und bis sie zumindest mit dem Besuch nicht überfordert ist. 2017 war es dann soweit, unser Patenkind war kurz vor seinem 12. Geburtstag, wir planten mit einem befreundeten Paar eine Reise nach Kambodscha und ließen für den Besuch bei Chanra einen Tag im Reiseablauf frei. Mit tatkräftiger Unterstützung von World Vision kümmerten wir uns Monate vorher um Organisation, Genehmigungen, Führungszeugnisse, Ablaufplanung etc., bis es im Oktober dann endlich soweit war.
Nach einigen spannenden Tagen in der faszinierenden Tempelstadt Angkor stand zum verabredeten Termin das Auto von World Vision mit dem Fahrer und dem Gebietsverantwortlichen vor dem Hotel. Wir fuhren flott aus Siem Riep Richtung Osten durch landwirtschaftlich geprägte Gebiete, Reisfelder, Pfefferplantagen, Obstbäume. Es waren immer weniger Autos und Motorräder unterwegs, dafür immer mehr Traktoren und „BMW“ (Büffel mit Wagen) und parallel zur Straße eine neue Stromleitung! Nach gut zwei Stunden Fahrt waren wir an unserem Ziel in Kulen, rollten auf den Hof der World Vision-Vertretung und da saß sie auch schon, „unsere“ Chanra.
Gemeinsam mit ihrem Großvater erwartete sie uns und war sicher noch aufgeregter als wir. Die erste Begrüßung fiel noch schüchtern aus, alles wurde von den örtlichen World Vision-Mitarbeitern gedolmetscht und langsam löste sich die Spannung. Dann besichtigten wir zwei Projekte im Nachbardorf: eine neue Wasserversorgungsanlage mit Brunnen, Pumpen, Hochbehälter und Leitungen zu allen etwa 300 Gehöften des Ortes, die kurz vor der Inbetriebnahme stand - ein großer Fortschritt für das ganze Dorf, der uns stolz präsentiert wurde - und der Kinderklub, in dem die Kinder nach der Schule bei den Hausaufgaben unterstützt werden, spielen können, etwas Englisch lernen und Lieder singen. Auch das war eine schöne Begegnung. Wir bekamen zwei Lieder vorgetragen und staunten nicht schlecht über die Antworten auf unsere Frage, was alle später werden wollten: 50% Lehrer und 50% Ärzte! Unsere Mitbringsel von Schulsachen über Süßigkeiten bis Fußball und Spielzeug wurden freudig entgegengenommen.
Zurück in Kulen trafen wir uns alle in einem kleinen Restaurant an der Straße zu einem gemeinsamen Mittagessen, sehr leckere einheimische Küche mit viel Gemüse, Reis und Geflügelfleisch. Wir nutzten die Zeit mit vielen Fragen an unser Patenkind Chanra, über ihr Leben und ihre Pläne. Ihr kleines Heimatdorf in den Kulen-Bergen in etwa 20 Kilometer Entfernung ist mit dem Auto nur sehr schwer erreichbar, deshalb hatte sie einen Tag schulfrei und war mit ihrem Großvater mit dem Moped nach Kulen gefahren. Ihre Eltern arbeiteten bei einem Bauern und hatten leider nicht frei bekommen. Und weil diese Gelegenheit sicher nicht gleich wiederkommen würde, boten wir Chanra die Erfüllung eines Extra-Wunsches an. Wir sprachen über ein paar Hühner oder eine Ziege für die Selbstversorgung, ein Fahrrad, Moskitonetze oder eine Matratze…
Nach kurzer Beratung mit ihrem Opa antwortete sie strahlend „ein Fahrrad!“ und tatsächlich fand sich ein paar Straßen weiter ein Fahrradhändler. Ganz schnell hatte sie ein blaues, ordentlich gebautes, thailändisches, kleines Damenrad im Blick, das sollte es unbedingt sein. Bei der Proberunde funktionierte alles; schnell wurde es saubergemacht, am Lenker ein Korb befestigt, hinten an Stelle des Gepäckträgers befand sich ein zweiter Sitz für den kleinen Bruder, perfekt! Sie freute sich sehr!
Später gaben wir ihr in der World Vision-Vertretung noch ein paar Mitbringsel für sie und ihre Familie, wiederum Schul- und Spielzeug, einen Ball für den Bruder und ein Halma-Spiel. Damit Chanra es gleich richtig kennen lernt, wurde eine Runde Halma gespielt. Schnell hatte sie die Regeln verstanden und ihren Spaß. Wir hatten noch unseren alten Schulatlas mit, erzählten ein wenig von Deutschland und unserer Heimat rund um Meißen an der Elbe. Ein paar Bilder hatten wir auch dabei, das fand Chanras Opa sehr spannend.
Die Stunden vergingen sehr schnell, der Nachmittag neigte sich, und wir mussten ja noch zurück nach Siem Riep, also kam die Zeit des Abschieds: ein paar letzte Fotos, eine herzliche Umarmung und irgendwann saßen wir dann doch wieder im Auto und winkten uns ein letztes Mal zu. Wer weiß, was die Zukunft bringt und ob wir uns in diesem Leben noch einmal sehen.
Auch die Rückfahrt verlief problemlos. In der Abenddämmerung verabschiedeten wir uns vor unserem Hotel von unseren beiden Begleitern. Der Tag war perfekt organisiert gewesen, wir waren sehr beeindruckt.
Am nächsten Tag ging unsere Reise weiter, uns erwarteten noch viele schöne Eindrücke und Erlebnisse in Kambodscha. Ohne Zweifel war aber unser Besuch bei unserem Patenkind Chanra der emotionale Höhepunkt. Uns bleiben einmalige Erinnerungen und ein paar Fotos, die gelungensten haben wir inzwischen mit dem nächsten Brief auch nach Kambodscha geschickt. Und es bleibt das schöne Gefühl, mit unserer Patenschaft etwas Gutes zu tun, mit nur wenig Aufwand einem jungen Menschen in der Ferne eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Wir wünschen Chanra natürlich alles Gute, werden ihre Entwicklung – und auch die ihres schönen Heimatlandes – weiter im Blick behalten und bedanken uns nochmals ganz herzlich bei World Vision für die tolle Arbeit.